Gemeint ist damit der ganz nahe Osten, nämlich der von Leipzig. Da war in der ersten Juli-Woche das Kunstfest Neustadt anberaumt. Einbezogen war der Raum um den Neustädter Markt, mit den vielen Nebenstrassen, Plätzen, Wohnprojekten und Gärten bis zur Eisenbahnstrasse und zum Rabet und bis hin zum Bühlow-Viertel. Mehrere Veranstaltungsorte, die in diesem Bereich liegen waren Ankerpunkte und Mitgestalter. Ausstellungen in der Heilig-Kreuz-Kirche, im Pöge- Haus, im Haus 27 und im Raum Weisz in der Ida-Strasse, sowie Mitmach-Angebote, Diskussionen, Film- Vorführungen, Partys und Rundgänge gehörten zum umfangreichen Programmm. Mit der Frage“ Wer ist die Stadt?“ setzten sich Künstler und Studenten vom Institut für Kunstpädagogik der Universität Leipzig mit ganz verschiedenen Mitteln auseinander. Die künstlerischen Arbeiten drehten sich um Erinnerungen und Erinnerungskultur und waren den Unsichtbaren dieser Stadt gewidmet. Über den Audiowalk „Sehnsucht Eisenbahnstrasse“ von Diana Wesser habe ich schon berichtet. Die Egebnisse der studentischen Arbeit waren auf drei Etagen in einem der letzten unsanierten Häuser der Gegend, dem Haus 27 der Schulze-Delitzsch-Strasse mit der Pilotenküche in vormals bewohnten Räumen zu erleben. In einem völlig dunklen Raum hörte man einen fremd anmutenden Gesang. Hier ließ Melanie Piroschik jemanden ein Liebeslied singen.“The sound og Memory-Wie klingt Heimat?“. Ein anderer Raum empfing den Besucher als mit weißen Tüchern verhängtes Labyrinth, das Raum für eigene Erinneringen geben sollte. Fotografien von Carmen Loch zeigten Menschen in ihren Wohnräumen ausschließlich in der Rückenansicht. Ziel der Fotografin war, diese Menschen und ihr Umfeld kennezulernen. 


Ein Memory der Fähigkeiten deckte Menschen mit unterschiedlichen Begabungen, die nicht sofort als Beruf verwertbar sind, auf. Die Pinnwand forderte Besucher auf, sich mit ihren Fähigkeiten anzubieten oder nach Hilfe zu suchen.


Die Wintergarten Lichtspiele, eins von mehreren Kinos, die sich füher in der Eisenbahnstrasse befanden, wurde von Vera Maria Numberger und Eva-Maria Schneider wachgeküßt. Sie sammelten Erinnerungen, Fotos und Filme, die im engeren und weiteren Sinne damit zu tun hatten, zeigten Fotos und stellten ein Filmprogramm zusammen, das fast am ehemaligen Standort des Lichtspielhauses auf dem Parkplatz mit Live-Musik und Bier am Samstag abend gezeigt wurde. Die Kino-Vorführung am lauen Sommerabend machte den Ort wieder lebendig und zum Ort der Begegnungen verschiedener Generationen. Auch ich konnte ein paar Fotos und Anekdoten dazu beisteuern, war ich doch eine kurze Zeit Mitte der 1980er Jahre vertretungsweise Theaterleiterin in diesem Haus. 


Milena Sebastian erforschte die Vergangenheit der Konditorei -Familie- Höhne, zeigte Werkzeuge und Handbücher des alten Konditoreihandwerks und bot die ganze Woche Veranstaltungen rund um Backen und Schlemmerei in dem verwaisten
Geschäft in der Hermann-Liebmann-Str.93 an. 

Es gab Raum-Manipulationen und-Illusionen, Auseinandersetzungen mit Bildern und Farben, mit Schattenrissen von Inventar wurde experimentiert. Die Vielfalt lässt sich im Nachhinein gar nicht ausführlich beschreiben.
Elisabeth Würzl beschäftigte sich mit Denkmalen, die zu geronnener Erinnerung geworden sind und nun so im öffentlichen Raum an verschiedene Ereignisse und ihren Umgang damit gemahnen.
Für eine Erkundung des Viertels konnte man sich ein Tablet mit Videobeiträgen und Kopfhörer von dreri jungen Frauen ausleihen und losspazieren. Geschichten und Erinnerungen aus der Gegend unter dem Titel „Ich sehe ich höre“ wurden so im neuen Medium lebendig . Auch das habe ich ausprobiert.
So macht Entdecken Spaß! Ich wünsche mir, dass noch viel mehr Leute aus dem Viertel, aus der ganzen Stadt und von mir aus auch aus der ganzen Welt so die Stadt und ein Viertel kennenlernen, das zu Unrecht mal als langweilig, mal als kriminell oder gefährlich gilt. Ich habe einen bunten, spannenden und sehr lebendigen Osten kennengelernt! Danke!
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